Dr. phil. Maria Panzer
Mit Wort und Tat
Dr. Maria Panzer: „ich kann mir mein Leben ohne Lesen und Schreiben nicht vorstellen. Und darüber kam ich auch zur außerklinischen Intensivversorgung. Konnte das Schreiben über diesen Bereich gut gehen, da ich gar keine Pflegekraft bin? Als Gymnasiastin besuchte ich einen mehrwöchigen Kurs zur Schwesternhelferin und machte ein Praktikum in einem Klinikum. Ich fand es toll, wieviel Freude ich mit einem Eisbeutel, mit einer Kanne Tee oder einem Schülerwitz machen konnte! Aus heutiger Sicht, im Wissen darum, welch hohe Fachkompetenz Pflegekräfte für ihren Beruf benötigen, war mein Stolz auf diese Zeit natürlich naiv. Doch so einer Begeisterung für den Pflegeberuf, wie ich sie damals verspürte, sollte ich später bei vielen Pflegekräften, die in der außerklinischen Intensivpflege tätig sind, wieder begegnen.“
Es macht mich sprachlos…
… dass kaum jemand die außerklinische Intensivpflege kannte! Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei verschiedenen Bundestagsabgeordneten hörte ich in den 1990er Jahren allenfalls Sätze wie: „Das klappt doch eh nicht, Menschen mit solchen Einschränkungen und noch dazu Beatmung, zuhause zu versorgen!“ „Das geht nur stationär!“ „Ihr werdet schon sehen: Wenn der ‚Drehtüreffekt‘ einsetzt, hat sich außerklinische Intensivpflege bald von selbst erledigt!“ Ich aber lernte verantwortungsvolle Anbieter außerklinischer Intensivpflege kennen, die nahezu besessen von dem Ziel waren, ihre Klient*innen optimal zuhause zu pflegen, Lebensqualität zu schaffen und Standards für diese ganz spezielle Form der Pflege zu setzen. Im Büro einer Behindertenbeauftragten begegnete ich vielen engagierten Menschen mit Behinderung, die für Inklusion, Selbstbestimmung, Inklusion und das Wunsch- und Wahlrecht kämpften. Nie werde ich den Jubel am 24. Februar 2009 vergessen, als die UN-Behindertenrechtskonvention von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurde.
Was mich antreibt
… ist die Neugier, was die Wissenschaft noch alles herausfinden wird, um schwerste Erkrankungen zu heilen, zu lindern oder ganz zu verhindern und welche Hilfsmittel gefunden werden, um Beeinträchtigungen, die schwerste Behinderungen zur Folge haben, ausgleichen können. Faszinierend finde ich auch die Möglichkeiten von Telemonitoring, Televisite und Vernetzung. Es zeigt sich immer wieder, dass das, was vor vielen Jahren wie Science-Fiction klang, heute vielfach schon Realität ist.
Das erwarte ich von der Pflege
… dass sie weiterhin als Basis für ein selbstbestimmtes Leben allen, die sie benötigen, vollumfänglich zugutekommt. Denn die außerklinische Intensivpflege unterstützt genau das, was die UN-Behindertenrechtskonvention fordert: Teilhabe, Wunsch- und Wahlrecht, Inklusion. Doch die Menschen mit Behinderung müssen an der Inklusion aktiv beteiligt sein, was Professor Dr. Dr. Klaus Dörner so treffend „Teilgabe“ nennt. Das Engagement der Betroffenen, sei es in der Politik (auch wenn es noch viel zu wenige Politiker*innen mit Behinderung gibt!), bei Fachkongressen, in Fachgesellschaften, als Peer Counseler, als Autor*innen von Büchern und Kinderbüchern, Zeitungsartikeln, Reiseberichten oder Blogbeiträgen ist enorm. Was verdankt ihnen die Gesellschaft doch alles, weil sie ihre Sicht auf das Leben zeigen. Wer sich also anmaßt, über den Wert eines anderen Lebens urteilen zu wollen, der hat nicht verstanden, dass Glück jeder anders erlebt und ein erfülltes Leben möglich ist, selbst wenn man völlig gelähmt sein sollte, sich nur über unterstützte Kommunikation mitteilen kann oder andere Einschränkungen hat. Der Verweis auf den Astrophysiker Stephen Hawking mag abgedroschen sein, aber da ich gerne Bücher über das Weltall lese, möge man mir das nachsehen.