Christiana Hennemann
Ach du bist das!
Ja, die Christiana Hennemann vom Verein rehaKIND. Ich falle hier ein bisschen aus der Reihe, und das macht mich jetzt schon schüchtern: Ich komme beruflich nämlich nicht aus der Pflege, nicht aus der Medizin und auch nicht aus den klassischen „Aktivistenkreisen“ Aber: ich pflege und unterstütze meine fast 90jährigen Oldies, und meinen Sohn mit Diabetes und einem bunten Strauß an ganz normalen Verrücktheiten junger Menschen. Und irgendwann möchte ich auch gepflegt werden. Respektvoll, auf Augenhöhe und gerne liebevoll meine Wünsche einbeziehend, fachlich natürlich „kompetent“ und in Lebensumständen, die diese Bezeichnung verdienen.
Mein Herzblutprojekt ist der Verein rehaKIND
Als Journalistin habe ich mich immer gewundert, warum die Politik mit schönen Worten über Kinder spricht, über gleiche Chancen für alle und wie wichtig das ist. Aber wenig davon wird gelebt. Es gibt keine Kinderrechte im Grundgesetz, diejenigen, die Krankheiten, Einschränkungen, Behinderungen und besondere Bedürfnisse haben, werden fein aussortiert, weil man ja nur „das Beste“ für sie will. Mit sehr mäßigem Elan wird echte Inklusion, die ja uns alle betrifft, auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Feldern mit Leben gefüllt. Schon das Wort „Inklusion“ macht Zahnschmerzen.
Unkonventionelle Wege gehen
So kamen im Februar des Jahres 2000 einige engagierte Hilfsmittelhersteller, mein Verleger und zwei, drei andere „Fachleute“ zusammen und wir gründeten den Verein rehaKIND. Erst mussten wir uns finden, weil gar nicht klar war, an welchen Stellschrauben man überhaupt ansetzen kann, um Hilfsmittelversorgung und Therapie, Transdisziplinarität (Aua!) und viiiiel medizinisches Wissen unter einen Hut zu bekommen. Schnell kamen andere Versorger aus der Rehatechnik und angrenzenden Bereichen dazu. Und dann natürlich die Selbsthilfevereine, die mit uns unkonventionelle Wege gehen wollten. Die juristische Expertise des langjährigen Vorsitzenden von rehaKIND kam allen Beteiligten und vor allem inzwischen Hunderten von Familien, Betreuern und natürlich den Kindern und Jugendlichen zu Gute.
Auch nach 22 Jahren geht es um Augenhöhe, um Mitsprache und Selbstbestimmung
Die gesetzlichen Grundlagen sind – teilweise – gar nicht so schlecht, aber die Kostenträger arbeiten nicht danach. Man muss sie erinnern. Immer wieder!
Sprechenden Menschen kann geholfen werden, das ist meine Devise, auch schreibenden und lautierenden … Also gehe ich für den Verein mit offenem Visier und vielen Fragen, aber auch systemischen und strukturellen Anregungen und Antworten auf alle Beteiligten im Gesundheitswesen zu, frage, hake nochmal nach; ich hab keine Angst vor dem „Nervensägestatus“ in der Politik und bei Kostenträgern. Immerhin gibt es fundierte Gründe fürs nervig sein und ich weiß ich mich guter Gesellschaft.
Das treibt mich an …
Zwischen Professionalität und Ehrenamt bin ich über 40 Jahre (ab 1980 als Volontärin im Fachverlag und REHAB-Messeorganisatorin) in der Branche, und inzwischen auch in der Community unterwegs. Seit fünf Jahren gibt’s eine AG Kinderbeatmung bei rehaKIND, das war nochmal ein ganz neues Themengebiet, aber wir wollen uns ja um alle Kinder und deren Alltagsleben kümmern und es ist spannend zu erleben, wie echte „Sektorenüberschreitung“ im Gesundheitswesen ankommt.
Aber das wichtigste: Die Kinder, Jugendlichen, die ich größer werden sah, die wunderbaren Menschen, Eltern, Therapeut*innen, Pflegende und Mediziner*innen, die wir unterstützen konnten. Und dann noch unser multi-professionelles Netzwerk mit den Mitgliedern, aber auch inzwischen einigen politischen Wegbegleitern. Einige wurden zu Freunden. Dankeschön, dass ich Euch alle kennenlernen durfte und echt viel zu lernen hatte. Und mögen das Lernen und neue Erlebnisse niemals aufhören.
Wie geht’s weiter im Gesundheitswesen?
Da ich eine ungebrochene Optimistin bin, glaube ich daran, dass aktive Mitarbeit aller Beteiligten gewünscht wird. Laut sein ist wichtig, mit fundiertem Wissen und guten Argumenten umso besser. Mitwirkung im positiven Sinne, um miteinander Lösungen zu finden für eine bessere Gesellschaft. Es wird nicht mehr Geld in das System kommen, aber wir müssen es menschenzentriert ausgeben. Der Perspektivwechsel vom „zu Versorgenden“ hin zu selbstbewussten, eigenständigen und eigenwilligen Menschen, die mit uns in einem System leben. Fachbegriffe wie ICF, BTHG, UN-BRK müssen lebendig werden. Weg vom Schubladendenken, hin zur Entropie … zur Vielfalt, Vielgestaltigkeit und Toleranz für Bunt- und Anderssein. Ganz schön einhörnchenhaft, oder? Aber ich mag die Farbe pink auch gern!
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